Von der Hölle in den Himmel
Als Andri Struzina nach den ersten internen Trials im März erfuhr, dass er es nicht in den olympischen Leichtgewichts-Doppelzweier geschafft hatte, machte ihm das schwer zu schaffen. Er brauchte danach eine Woche für sich, «um zu überlegen, ob ich all das wirklich will.» Dies auch deshalb, weil Headcoach Ian Wright die Philosophie «mehr ist mehr» hat.
Da in seinem Leben ausserhalb des Ruderns alles stimmte, wollte Struzina sein einziges Problem lösen und entschied sich weiterzumachen. Bald drehte sich die Spirale nicht mehr nach unten, sondern nach oben - und wie. Nachdem er schon Mitte Juli am Heim-Weltcup in Luzern triumphiert hatte, krönte er sich nun zum Weltmeister und sicherte sich seine erste Medaille überhaupt an diesem Anlass.
Härter trainiert als die Konkurrenz
Damit ging für Struzina ein Traum in Erfüllung, «für den ich lange gearbeitet habe». Er sei sich sicher, dass er mehr als seine Konkurrenten trainiert habe. «Deshalb habe ich das Gefühl, ohne arrogant sein zu wollen, den Titel am meisten verdient zu haben», sagt der 26-jährige Zuger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Im WM-Final vor einem Jahr war Struzina noch gekentert, diesmal sorgte er auf den dritten 500 m für die entscheidende Differenz. Bei Rennhälfte lag er noch 1,84 Sekunden hinter dem italienischen Silbermedaillengewinner Niels Torre. «Ich wusste, dass er das Tempo bei diesen Bedingungen (starker Gegenwind) nicht halten konnte. Darum wurde ich nicht nervös. Mein Ziel war, konstant einen sauberen Rhythmus zu rudern, da mir klar war, dass derjenige gewinnt, der weniger Fehler macht.» Zudem war für ihn die längere Renndauer aufgrund des Gegenwindes ein Vorteil.
Belebend und unangenehm
Struzina gelang es eindrücklich, die Enttäuschung, es nicht in den Doppelzweier geschafft zu haben, in positive Energie umzuwandeln. Der WM-Titel gibt ihm für die kommende Vorbereitung einen Schub, denn im Olympiajahr werden die Karten neu gemischt, was die Besetzung der Boote angeht. Die Konkurrenz zu Raphaël Ahumada und Jan Schäuble, die am Samstag im Leichtgewichts-Doppelzweier eine Medaille anstreben, findet er einerseits belebend und andererseits sehr unangenehm.
Die drei schaffen es jedoch, gelassen mit der Situation umzugehen, unterstützen sich ausserhalb des Wassers. «Ohne sie wäre ich nicht so weit gekommen und sie auch nicht», sagt Struzina, der in den vergangenen drei Jahren immer wieder mit Rippenverletzungen zu kämpfen hatte. Von daher darf von den drei Leichtgewichten noch einiges erwartet werden.