Stefan Bellmont fordert Darts-Legende Van Barneveld
Es gibt im Darts-Sport einige Wege, sich für die Weltmeisterschaft in London zu qualifizieren. Stefan Bellmont kennt nun beide Extreme. Im letzten Jahr sicherte er sich das Ticket durch einen einzigen Turniersieg im richtigen Moment. Dieses Jahr ist seine Teilnahme das Resultat nachhaltiger Konstanz. Der 35-Jährige gewann die Gesamtwertung der Challenge Tour, der zweithöchsten Turnierserie über 24 Events, und bewies damit, dass er dauerhaft auf hohem Niveau agieren kann.
«Dass ich jetzt aufgrund konstant guter Leistungen bei der WM dabei bin, gibt mir ein ganz anderes Selbstverständnis», sagt der Chamer. Was indes nicht heisst, dass Bellmont im Vorfeld seiner Reise in den legendären Alexandra Palace im Norden Londons nun grosse Töne spucken würde. Er wolle es geniessen, sagt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mehrmals. Und: sich gar nicht gross Gedanken darüber machen, was ihn im viel zitierten Mekka des Darts erwarten könnte. «Ich will einfach befreit aufspielen», sagt er. Bellmont weiss: Noch vor einigen Jahren besuchte er die Halle gemeinsam mit seinen Eltern als Fan und sog die Atmosphäre auf. Dass er einmal selbst auf der Bühne würde stehen können, schien da für Aussenstehende nicht mehr als ein Wunschtraum.
Dreifach beschenkt in Wigan
Aber: Stefan Bellmont ist kein Träumer, sondern ein akribischer Arbeiter. Jeden Tag steht er in seinem eigenen Lokal, in Belli's Darts House in einem Chamer Industriegebiet, mehrere Stunden am Oche und wirft seine Pfeile. Seit sich das Projekt eines eigenen Trainingslokals im Sommer 2024 verwirklicht hat, kann Bellmont voll auf den Darts-Sport setzen. Schliesslich nutzt er sein Lokal nicht nur als eigene Trainingsbasis, sondern stellt dieses auch diversen Klubs zur Verfügung.
Wobei: regelmässig war Bellmont in diesem Jahr auch abwesend - und zwar nicht aus Trainingsfaulheit, sondern weil er versuchte, sich an diversen Turnieren auf der erstklassigen Pro- oder der zweitklassigen Challenge Tour Preisgeld zu erspielen, das ihn in der Weltrangliste weiter nach vorne bringen würde.
Auf diesen Reisen quer durch Europa sollte es dem Schweizer immer wieder gelingen, auf sich aufmerksam zu machen und die Konkurrenz zu beeindrucken. So wie im Februar zum Beispiel, als er im niederländischen Rosmalen bei einem Turnier der Pro Tour mit Gerwyn Price einen früheren Weltmeister bezwang und nach einer Halbfinal-Niederlage nur knapp an einem historischen Turniersieg vorbeischrammte.
Oder eben im Oktober, als Bellmont beim 23. Turnier der Challenge Tour seinen dritten Titel in dieser Saison holte und damit den Gesamtsieg in dieser Turnierserie sicherstellte. Eigentlich, sagt Bellmont, habe er sich damals im englischen Wigan nur vorgenommen, den zweiten Rang in der Gesamtwertung zu verteidigen. Denn so hätte er nicht nur das WM-Ticket auf sicher gehabt, sondern auch die Tour Card, die es ihm ermöglicht, in den nächsten zwei Jahren an praktisch allen Turnieren auf dem Darts-Circuit teilzunehmen. Es ist quasi die Eintrittskarte zum endgültigen Profitum, die er nur dann wieder verliert, wenn er in zwei Jahren nicht unter den Top-64 der Welt klassiert sein würde. Doch der Innerschweizer beschenkte sich als Gesamtsieger noch mit einem dritten Highlight - nämlich einem Startplatz am renommierten Grand Slam of Darts in Wolverhampton im November.
Optimale Vorbereitung in Wolverhampton
Und: «Belli» wäre nicht «Belli», hätte er nicht auch diese Bühne genutzt, um die Darts-Szene zu verblüffen. Gleich in seinem ersten Spiel schlug er, der in der Weltrangliste an 111. Position geführt wird, mit James Wade nämlich einen Spieler aus den Top 10. Dass es danach in den Gruppenspielen trotzdem nicht zum Weiterkommen reichte, beschäftigte Bellmont nicht. Vielmehr war er bestrebt, aus dieser weiteren neuen Erfahrung, vor grossem Publikum zu spielen, das Beste herauszuziehen. «Eine bessere Vorbereitung auf die WM kann es gar nicht geben», sagt Bellmont. Weil da die Scheinwerfer ähnlich stark auf ihn gerichtet sein werden. Und weil da die wenigsten wohl ernsthaft damit rechnen werden, dass Bellmonts zweites WM-Abenteuer über Runde 1 hinausgehen könnte.
Nach Jermaine Wattimena im letzten Jahr bekommt es Bellmont auch in diesem Jahr wieder mit einem Niederländer zu tun. Es ist jedoch nicht irgendeiner, der am Mittwoch (21.10 Uhr) mit dem Schweizer auf die Bühne schreiten wird, sondern mit Raymond van Barneveld ein Spieler, der den Dartssport als fünffacher Weltmeister über Jahre geprägt hat. «Barney ist eine Ikone, und ich freue mich sehr, gegen ihn spielen zu dürfen», sagt Bellmont.
Es ist das zweite Mal, dass der Schweizer Pionier auf die niederländische Legende trifft. Und Bellmont erzählt noch so gern vom ersten Aufeinandertreffen. 2021 war es, als die beiden in der sogenannten Q-School versuchten, sich eine Tour Card zu erspielen. Bellmont setzte sich mit 6:5 durch. «Im Direktvergleich steht es also 1:0 für mich», sagt der Zuger. «Und das weiss Barney sicher auch.» Er lacht. Nur zu gerne würde er die Darts-Welt mit einem nächsten Coup wieder einmal ins Staunen versetzen.