Simon Ehammer hat eine weitere WM-Medaille im Visier
Ehammer ist Mehrkämpfer, jedoch gehört er auch im Weitsprung zur Weltspitze. Da in der ungarischen Hauptstadt ein Doppelstart aufgrund des Zeitplans nicht möglich war, musste er sich entscheiden. Dass er dem Weitsprung den Vorzug gab, ist auf eine hartnäckige Entzündung beim Bizeps in der rechten Schulter zurückzuführen. Deshalb wollte er gerade auch wegen den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in Paris kein Risiko eingehen.
Ohnehin ist die Chance auf den Gewinn einer WM-Medaille im Weitsprung in etwa gleich gross, wie sie es im Mehrkampf gewesen wäre. Mitte Juni gewann er in Oslo mit seiner Saisonbestleistung von 8,32 m - die persönliche Bestmarke beträgt 8,45 m - als erster Schweizer einen Wettkampf bei einem Meeting im Rahmen der Diamond League und liess unter anderen den griechischen Olympiasieger Miltiadis Tentoglou hinter sich. Sechs Tage zuvor war er in Paris Zweiter geworden. Das tat seiner Motivation nach dem Nuller Ende Mai am Mehrkampf-Meeting in Götzis (keine gültige Weite!) gut.
Kein besonderes Talent
An der WM vor einem Jahr in Eugene reichten Ehammer 8,18 m zu Bronze. In Budapest erwartet er von sich nicht weniger als einen weiteren Podestplatz. Alles andere würde nicht zum 23-jährigen Appenzeller passen. Er dachte schon als Kind gross.
«Er war kein Talent in dem Sinn», sagt der für die Gesamtplanung von Ehammer zuständige René Wyler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Als er zu mir gekommen ist, hat alles gezappelt und gewackelt, war er technisch ganz schlecht. Ich hätte ihn fast nicht in die Sportschule aufgenommen. Jedoch gefiel mir seine Einstellung sehr gut.» Schon in jungen Jahren habe er gesagt, dass er Olympiasieger werden wolle. Das würden zwar noch viel sagen, er habe aber eisern daran festgehalten. «Dennoch hätte ich nicht wahnsinnig viel Geld auf ihn gesetzt», gibt Wyler zu.
Will immer der Beste sein
Mittlerweile ist Ehammer ein Vorzeigeathlet par excellence. «Wenn ihm eine persönliche Bestleistung gelungen ist, dachte er sofort weiter», so Wyler. Ehammer sagt über den enormen Willen: «Diesen habe ich seit eh und je. Es ärgert niemanden mehr als mich, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte. Ich hasse es zu verlieren, will überall der Beste ein, auch in kleinen Spielen. Das ist in mir drin, macht mich aus.»
Früher, als er noch nicht verstand, warum es ihm nicht lief, bekamen dies die Konkurrenten zu spüren. «Mittlerweile hindert mich eine Niederlage nicht mehr daran, mich mit jemandem gut zu verstehen, kann ich es relativieren und den Ärger herunterschlucken für den Moment», erzählt Ehammer. Er ärgert sich dann zu Hause.
Perfektes Vorbild
Neben dem grossen Ehrgeiz gelingt es ihm, eine gute Balance zwischen Spannung und Lockerheit hinzubekommen. Auch seine Zugänglichkeit zeichnet ihn aus. «Er ist auf dem Boden geblieben, spielt die Vorbildrolle perfekt, das ist sein Naturell», sagt Philipp Bandi, der Chef Leistungssport bei Swiss Athletics.
Ehammer führt dies einerseits auf die Erziehung zurück. «Dann bin ich dankbar für das, was ich machen darf. Es ist ein grosses Privileg in diesem Alter schon Profi zu sein und all das erleben zu dürfen. Es gibt so viele, die das auch wollen, es jedoch nicht schaffen, und zwar nicht weil sie weniger dafür tun, sondern weil sie nicht das Glück haben, dass es klappt. Wenn ich mit Arroganz über die Bahn stolzieren würde, das wäre nicht ich. Ich finde, das macht man nicht.»
Um in Budapest sicher den Final vom Donnerstagabend zu erreichen, ist eine Weite von 8,15 m gefordert, wobei weniger reichen dürfte. Allerdings stehen den Athleten in der Qualifikation bloss drei Versuche zur Verfügung. Ehammer will deshalb schon im ersten Versuch «einen setzen». Das Selbstvertrauen dafür stimmt auf jeden Fall.