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Marco Odermatt will die «Kitz»-Scharte auswetzen

Ski alpin

Marco Odermatt will die «Kitz»-Scharte auswetzen

25. Oktober 2024, 05:00 Uhr
Marco Odermatt hat auch in der kommenden Saison grosse Ziele, insbesondere will er die Abfahrt in Kitzbühel gewinnen
© KEYSTONE/TIL BUERGY
Marco Odermatt strebt in der am Sonntag beginnenden Weltcup-Saison den vierten Gesamtsieg in Folge an. Besonderen Fokus legt der Nidwaldner auch auf den Abfahrtssieg in Kitzbühel.

Er ist dreifacher Gesamtweltcupsieger, zweifacher Weltmeister, Olympiasieger. Er hat 37 Weltcuprennen gewonnen. Mit misslichen Bedingungen und Druck kommt kein anderer Fahrer im Weltcup so gut zurecht wie er.

Marco Odermatt, Anfang des Monats 27 Jahre alt geworden, bringt nichts aus der Ruhe. Fast nichts. «Bei meinem ersten Werbespot-Dreh mit Roger Federer war ich schon nervös», sagt er. Etwas schüchtern sei er am Anfang gewesen. Doch auch das habe sich mittlerweile gelegt, sei Federer ein Freund geworden.

Die sportlichen Erfolge, die bodenständige Art, die Vermarktbarkeit. Es gibt viele Parallelen zwischen Tennisspieler Federer und Skifahrer Odermatt. Nur logisch, dass Vergleiche gezogen werden. Diese würden ihn ehren, gibt Odermatt zu. Um im nächsten Satz zu relativieren: «Er ist der Grösste. Ich bin nicht auf seinem Level.»

Weltweit hat Federer deutlich mehr Anhänger, was sich vor allem aus dem Fakt ergibt, dass Tennis eine Weltsportart ist. In der Schweiz aber geniesst Odermatt aufgrund seiner nahbaren Art und der Popularität des Skisports ebenso grosse Sympathien wie der «Maestro».

Während Federer auf der ganzen Welt zuhause ist, fühlt sich Odermatt in seiner Heimat am wohlsten. Am Vierwaldstättersee kann er abschalten, bei Freunden und der Familie Energie tanken für die kräftezehrenden Weltcup-Winter.

Mit Hervas zu neuen Erfolgen

Die erste Seite eines neuen Kapitels in seiner Erfolgsgeschichte will Odermatt am kommenden Sonntag schreiben. Auf dem Rettenbachgletscher ob Sölden ist der Buochser der Topfavorit. Alles andere als sein dritter Sieg beim Season Opening im Ötztal wäre eine Überraschung in Anbetracht der Dominanz, die er im Riesenslalom - nicht erst, aber vor allem - in der letzten Saison an den Tag legte. Neun von zehn Rennen gewann er, lediglich beim Saisonfinale schied er - in Führung liegend - aus und verpasste so die perfekte Saison in der Basisdisziplin. «Klar hat mich das geärgert und war ich am Anfang enttäuscht. Nach ein paar Tagen hatte ich das aber abgehakt.»

Erfolg ist vergänglich. Kein Blick zurück, vielmehr richtet Odermatt den Fokus auf den kommenden WM-Winter. Die körperliche Verfassung scheint zu stimmen, der Oberkörper wirkt noch etwas breiter und muskulöser als vor der vergangenen Saison. «Ich habe vielleicht ein, zwei Kilos mehr drauf», sagt Odermatt mit einem Schmunzeln.

Verantwortlich für die körperliche Verfassung des Modellathleten ist Alejo Hervas. Der langjährige Konditionstrainer und Vertraute von Lara Gut-Behrami wechselte im Frühling ins Lager von Odermatt und ersetzte Kurt Kothbauer. «Ich habe aus meiner Sicht das Optimum aus Marco herausgeholt. Ich wüsste nicht, wie ich ihn noch besser machen soll», begründete der Österreicher den Schritt. Tatsächlich scheint der Spanier Hervas Ansätze gefunden zu haben, die fruchten. Bei den Kraft- und Ausdauertests vor der Saison verbesserte Odermatt seine Bestmarke vom Vorjahr um rund drei Prozent.

Eine Lücke im Palmarès

Die Zitrone auspressen, wo sie bereits ausgepresst scheint. Stillstand gleich Rückschritt - wobei das im Fall von Odermatt nicht wirklich zuträfe. «Ich würde unterschreiben, wenn ich an das Niveau der vergangenen Saison herankomme», sagt er - um direkt nachzuschieben, dass er sich überall noch verbessern könne. Potenzial ortet Odermatt vor allem im Ansatz der Kurve. «Der geht immer noch schöner, feiner und mit weniger Bremswirkung.» Aussagen wie diese dürften sich für die Konkurrenz wie Ohrfeigen anfühlen.

Zu dominant trat Odermatt in den vergangenen drei Saisons auf, als dass jemand in der Lage scheint, ihn im Kampf um die grosse Kristallkugel ernsthaft gefährden zu können. Die grössten Konkurrenten sind nach wie vor ausser Gefecht gesetzt. Der Norweger Aleksander Kilde fällt nach seinem fürchterlichen Sturz in Wengen und einer Infektion in der operierten Schulter für die komplette Saison aus. Marco Schwarz, der Odermatt zu Beginn der vergangenen Saison auf Augenhöhe begegnete, erlitt nach seinem erst überstandenen Kreuzbandriss einen weiteren Rückschlag in Form eines Bandscheibenvorfalls. Wann und in welcher Verfassung der Österreicher zurückkehrt, ist offen. Wie weit Lucas Braathen nach einjähriger und Marcel Hirscher nach fünfjähriger Absenz sind, bleibt abzuwarten. Odermatt selbst sieht in Teamkollege Loïc Meillard den grössten Widersacher im Kampf um die Kugeln.

Der einzige, der Odermatt in der vergangenen Saison immer wieder ärgern konnte, war der Franzose Cyprien Sarrazin. In Bormio schnappte er Odermatt den ersten Abfahrtssieg im Weltcup um neun Hundertstel weg. In Kitzbühel schlug er den Schweizer zweimal und gewann beide Rennen. Gerade letzteres wurmte Odermatt besonders. Entsprechend klar formuliert der 27-Jährige das grosse Ziel für die kommende Saison. «Ich will die Abfahrt in Kitzbühel gewinnen.» Bei allen anderen Klassikern stand er schon zuoberst auf dem Podest. Was fehlt, ist die perfekte Fahrt und der Sieg auf der legendären «Streif». Dieser würde das Palmarès von Marco Odermatt schon in vergleichsweise jungen Jahren vervollständigen.

Quelle: sda
veröffentlicht: 25. Oktober 2024 05:00
aktualisiert: 25. Oktober 2024 05:00