Gerüchte um Audi-Deal sorgen in Hinwil für Irritationen
Weniger Budget, weniger Personal, maximaler Ertrag. In etwa so liesse sich die letztjährige Saison von Sauber in der Formel 1 beschreiben. Beim Privatteam war eine gewisse Euphorie zu spüren, als beim Saisonfinale 2022 in Abu Dhabi der 6. Platz in der Konstrukteurs-WM feststand.
Trotz anhaltendem Abwärtstrend nach starkem Beginn und einem Nuller ganz zum Schluss endete die punktemässig zweitbeste Saison in der Hybrid-Ära (seit 2014) und die rangmässig erfolgreichste seit zehn Jahren für den in Hinwil im Zürcher Oberland beheimateten Rennstall versöhnlich.
Anlass zur Zuversicht gab es auch, weil kurz davor mit Audi eine Partnerschaft vereinbart wurde, die vorsieht, dass der deutsche Autobauer die von Peter Sauber gegründete Rennequipe 2026 als Werksteam übernimmt. Für 2023 nahm man sich in Hinwil deshalb vor, in der sportlichen Entwicklung den nächsten Schritt zu machen. Doch statt vorwärts ging es im sechsten und letzten Jahr unter dem Namen Alfa Romeo gemessen an den Ergebnissen eher zwei Schritte zurück.
Eine Wundertüte
Bezüglich Zuverlässigkeit hat sich das neue Auto im Vergleich zu seinem Vorgänger zwar massiv gesteigert. So konnten die Ausfälle um mehr als die Hälfte (von zehn auf vier in den ersten 19 Rennen) minimiert werden. Doch der C43 warf in den vergangenen Monaten immer wieder Fragen auf. Das Team und seine Fahrer lassen jegliche Konstanz vermissen, das Auto wirkt teils wie eine Wundertüte. Kurz: Es ist eine Saison mit wenig Licht und viel Schatten.
Im Qualifying wusste man nur sehr selten zu überzeugen, und wenn doch, dann folgte im Rennen sogleich die Enttäuschung. So auch am Sonntag in Mexiko, als Valtteri Bottas und Zhou Guanyu die vielversprechende Ausgangslage mit den Startplätzen 9 und 10 nicht nutzen konnten. Am Ende fuhren der Finne und der Chinese ganz zuhinterst auf den Rängen 14 und 15 durchs Ziel.
Mit Blick auf die Konstrukteurs-WM wurde für Alfa Romeo die Luft in der Höhenlage von Mexiko City noch einmal dünner. 2240 Meter über Meer war die Ernüchterung gross, zumal man sich von den jüngsten Neuerungen am Auto einiges erhofft hat. Doch es scheint, als sei der 8. und 9. Platz von Zhou und Bottas drei Wochen zuvor in Katar nur ein seltener Ausreisser nach oben gewesen. Die ausgerufene Aufholjagd im Kampf gegen die Teams im Mittelfeld wurde jedenfalls im Keim erstickt.
Statt nach vorne müssen sich die Hinwiler in der Teamwertung nach hinten orientieren. Der Vorsprung auf das letztplatzierte Team Haas beträgt drei Grands Prix und ein Sprintrennen vor Schluss nur vier Punkte. Jetzt droht Alfa Romeo sogar die rote Laterne.
Nebengeräusche um Audi-Einstieg
Dazu sorgten jüngst Nebengeräusche für Wirbel. Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete, dass der Formel-1-Einstieg von Audi per 2026 noch einmal überprüft werde. Der Grund soll ein Wechsel an der Konzernspitze sein. Markus Duesmann wurde im September durch Gernot Döllner ersetzt.
Duesmann war der grosse Befürworter des Formel-1-Projekts von Audi, das im Aufsichtsrat des Mutterkonzerns Volkswagen jedoch nicht nur auf Gegenliebe gestossen war. Als es damals zur Abstimmung kam, soll Duesmann bei einer Patt-Situation sogar den Ausschlag gegeben haben. Mit seiner Entmachtung kam schnell das Gerücht auf: Der Einstieg in die Königsklasse gerate konzernintern nochmals auf den Prüfstand.
Von Seiten Audi hiess es zuletzt, der Beschluss des Aufsichtsrats habe Bestand, ebenso der Zeitplan mit dem Einstieg als Werksteam per 2026. Genaue Zahlen sind zwar nicht bekannt, doch man geht davon aus, dass die Marke mit den vier Ringen bis zu 75 Prozent von Sauber Motorsport übernimmt - schrittweise.
Grosse Investitionen
Ein Rückzieher kann sich Audi schon deshalb nicht leisten, weil bereits jetzt viel Geld investiert wurde. Beispielsweise mit der Erweiterung des Motorsport-Zentrums am Standort Neuburg an der Donau. Dazu wäre ein Ausstieg vor dem eigentlich geplanten Einstieg für die Traditionsmarke mit Sitz in Ingolstadt auch mit einem beträchtlichen Imageschaden verbunden.
Mehr Budget und mehr Personal soll wieder zu mehr sportlichem Ertrag führen - so zumindest lautet der Plan von Audi und Sauber. Mittelfristig hat man sich sogar den WM-Titel zum Ziel gesetzt. Davon ist man in Hinwil aktuell allerdings noch weit entfernt.