Ein Duell gegen den Herzensverein
Fabian Rieder bezeichnet die Young Boys als seinen Herzensverein. Schon mit fünf Jahren ging er mit seinem Vater Spiele der Berner schauen, 2017 wechselte er von Solothurn in den Nachwuchs von YB und debütierte am 17. Oktober 2020 gegen Servette (0:0) in der ersten Mannschaft. 2021 gewann er mit dem Team den Meistertitel und 2023 das Double. Noch heute schaut er sich, wenn immer möglich, die Partien der Young Boys an.
Als er erfuhr, dass es in der Champions League zum Duell mit dem Schweizer Meister kommt, «freute ich mich übertrieben. Es ist etwas Schönes, auf der grössten Bühne Europas gegen sehr gute Kollegen spielen zu dürfen. Ich habe ihnen gesagt, dass es nicht einfach wird, bei uns Punkte zu holen. Aber zuerst müssen wir selber eine gute Leistung zeigen», erzählt Rieder in einem Gespräch mit Schweizer Medien.
Kommt YB gerade recht?
Stuttgart ist in der Champions League auf Punkte angewiesen, der Tabellen-8. der Bundesliga belegt mit vier Zählern aus den ersten fünf Vorrundenspielen lediglich den 27. Platz unter den 36 Teams - 24 Mannschaften kommen weiter. Das entspricht bei weitem nicht den Ansprüchen des Vereins. Kommt da das punktelose und bisher mehrheitlich überforderte YB (Torverhältnis 2:17) gerade recht? Rieder erinnert daran, dass auch der letzte Gegner in der Königsklasse, Roter Stern Belgrad, vor dem Spiel gegen Stuttgart null Punkte auf dem Konto hatte - die Serben gewannen 5:1. «Wir werden also definitiv niemanden unterschätzen», betont der offensive Mittelfeldspieler. Den neuen Modus befürwortet er. Es sei schön, gegen so viele verschiedene Gegner spielen zu können.
Gegen YB würde Rieder selbstredend gerne von Anfang an zum Einsatz kommen. Bisher wurde er in der Champions League fünfmal eingewechselt. In den 13 bisherigen Saisonspielen in der Bundesliga stand er sechsmal in der Startelf und gelangen ihm ein Tor sowie drei Assists.
Wie stark definiert er sich über Skorerpunkte? «Darauf muss man auf meiner Position sicherlich schauen, es wären mehr möglich gewesen. Ich muss noch ein bisschen genauer und effizienter werden», gibt er zu. «Das Wichtigste ist jedoch, dass ich in gute Situationen komme, deshalb bin ich grundsätzlich zufrieden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich treffsicherer werde.» Gerade so wichtig sei allerdings, was er mit dem Ball mache, ob er Chancen kreiere, wie er defensiv mitlaufe, ob er Räume öffne für die Mitspieler, wie er in die Zweikämpfe, ins Pressing gehe. «Das gehört definitiv ebenfalls dazu», sagt der 22-jährige Berner.
Schwierige, aber lehrreiche Zeit bei Rennes
Rieder ist an Stuttgart lediglich ausgeliehen. Als erste Station im Ausland wählte er Rennes. Beim Ligue-1-Verein lief es ihm jedoch nicht wie gewünscht, er kam in wettbewerbsübergreifend 21 Partien lediglich während 529 Minuten zum Einsatz. Er kämpfte mit Problemen am Fussgelenk, Mitte Januar 2024 zog er sich einen Mittelfussbruch zu. Zudem gab es einen Trainerwechsel.
Rieder stellt aber klar: «Es war der richtige Entscheid, zu Rennes zu wechseln.» Es sei Unvorhersehbares geschehen, mit dem müsse man als Fussballer umgehen können. Dennoch habe er in dieser Zeit viele Fortschritte erzielt. «Das konnte ich an der EM zeigen. Nun in Stuttgart wird nochmals ein anderer Fussball gespielt. Es ist für mich in meinem jungen Alter sehr gut, schon drei verschiedene Vereine in drei verschiedenen Ländern zu erleben respektive erlebt zu haben. Das kann meiner Entwicklung nur helfen.» Was konkret hat er seit dem Weggang von YB fussballerisch gelernt? «Ich habe mich überall weiterentwickelt, im technischen Bereich, in der Entscheidungsfindung, in der Dynamik.»
Zum Schritt ins Ausland sagt Rieder: «Ich verliess die ‹Wohlfühloase›. Es war schon eine grosse Veränderung.» Er sei jedoch bei beiden Teams gut aufgenommen worden und habe gute Freunde gefunden. Dass in der Bundesliga alles seziert wird, empfindet er das manchmal als mühsam? «Ehrlicherweise schaue ich nicht viel in die Medien. Mir ist wichtig, was in meinem persönlichen Umfeld gesagt wird.»
Die Leihe mit Stuttgart endet nach dieser Saison, jedoch besitzt der VfB eine Kaufoption. Rieder würde gerne längerfristig bei den Schwaben bleiben, da er sich dort rundum wohl fühlt. «Die Bundesliga passt gut zu meinen Spielstil. Es liegt nun an mir, mich aufzudrängen.» Auch wenn es gegen seinen Herzensverein ist.