News
Sport

Buhmann, Lehrling, Spektakelmacher

National League

Buhmann, Lehrling, Spektakelmacher

5. Oktober 2023, 05:01 Uhr
Gibt erstmals als Cheftrainer den Takt an: Die ehemalige Reizfigur Josh Holden ist mit dem HC Davos auf Kurs
© KEYSTONE/MARCEL BIERI
Josh Holden steht in Davos erstmals als Chef an der Bande. Nach schwierigem Start erntet der Trainer-Neuling bereits viel Lob. Er hatte einen der Besten als Lehrmeister.

Eben hat der HCD sein Heimspiel gegen Bern in der Verlängerung verloren. Wenige Minuten später steht Josh Holden vor der Garderobe und sprüht vor Energie. Von Frust über die knappe und am Ende nicht zwingende Niederlage keine Spur. «Ich liebe dieses Spiel einfach», sagt der Chefcoach und strahlt.

Die Haare bei Holden sind kürzer geworden, der Bart etwas weniger wild. Auch sonst sieht der 45-jährige kanadisch-schweizerische Doppelbürger wenig vom Spieler Josh Holden im Trainer Josh Holden. Das ist auch gut so, denn als Spieler hatte er hart dafür gearbeitet, auf fast allen Eisflächen der Schweiz der Buhmann zu sein. Aufsässig, zuweilen hinterlistig, oft mit einer sehr kurzen Zündschnur - beim Anhang des HC Davos kam die Verpflichtung von Holden nicht gut an. «Als Hassfigur bekannt, zu eusem Headcoach ernannt, Zuger Legende Chan jede sii, verdien dir Davoser zsii», liessen ihn die Fans im ersten Heimspiel auf einem Transparent wissen.

Einer, der immer Vollgas gab

Der HCD-Captain Andres Ambühl dürfte in zwölf Saisons über 50 Mal als Gegner von Holden auf dem Eis gestanden sein. «Er lebte von seinen Emotionen», erinnert sich das Davoser Urgestein mit einem Lächeln. «Er war einer, der immer Vollgas gegeben hat und alles machte, um zu gewinnen.» Dass er einmal sein Trainer sein könnte, kam dem heute 40-jährigen Ambühl nie in den Sinn. Ein Schock war dessen Verpflichtung aber nicht.

«Wir wussten, dass er viele Jahre in Zug war und dort einen sehr guten Lehrer hatte», sagt der Routinier. «Ich kannte ihn als Spieler nicht sehr gut, aber als Trainer finde ich ihn extrem gut.» Holden blieb nach dem Ende der Spielerkarriere beim EV Zug und wurde Assistent des zweifachen Meistercoaches Dan Tangnes.

Relaxter Kanadier, verrückter Norweger

Deshalb sagt er nun über sich: «Von Dan steckt ziemlich viel im Coach Josh Holden.» Das sei wie in der Schule oder an der Universität. «Wenn man fünf Jahre lang den selben Professor hat, lernt man sehr viel. Dan hat mich gefordert und viel arbeiten lassen.» Er sei nicht nur ein guter Lehrmeister und ein grossartiger Coach, sondern auch «eine tolle Person und ein guter Freund». Von der Persönlichkeit her seien sie aber sehr unterschiedlich, sagt Holden lachend. «Wenn Sie mit uns ein Glas Wein trinken würden, würden Sie sehen, dass einer ein relaxter Kanadier und der andere ein verrückter Norweger ist.»

Dennoch fühlt sich Holden nach dreizehn Saisons als Spieler - eine in Finnland, zwölf bei Fribourg-Gottéron, den SCL Tigers und Zug - und fünf Jahren als Assistent beim EVZ mehr als Europäer denn als Kanadier. «Ich lernte von vielen verschiedenen Coaches», so der in Calgary geborene Holden.

Attraktive Spielweise

Andres Ambühl hat er jedenfalls überzeugt. «Er hat für jede Situation die richtige Art, damit umzugehen», stellt der WM-Rekordspieler fest. «Er strahlt eine grosse Ruhe aus, aber wenn etwas gesagt werden muss, dann sagt er das.» Zudem arbeite Holden sehr detailversessen. «Es ist sehr cool, mit ihm arbeiten zu können.» Nach neun Runden belegen die Davoser mit vier Siegen und fünf Niederlagen - zwei davon nach Verlängerung - den angestrebten 6. Platz, der die direkte Playoff-Qualifikation bedeuten würde.

«Du willst immer mehr», ist Josh Holden nicht restlos zufrieden. «Aber das wird immer so sein.» Auf jeden Fall sei er echt stolz auf die harte Arbeit der Jungs. «Alle ziehen in die gleiche Richtung.» Holden schwebt ein schnelles, hartes Hockey vor. «Das hat in Davos Tradition.»

Die attraktive Spielweise wird auch von den Fans goutiert. Der neue Coach ist sich seines schwierigen Standes bei den Anhängern bewusst. «Ich respektiere, dass mich manche Leute mochten, andere nicht», sagt er. Lachend fügt er hinzu: «Ich bin froh, dass sie mich bemerkt haben. Wenn sie gesagt hätten: Wer ist das, dieser Coach, der da kommt? Das wäre nicht gut gewesen.» Er werde weiter daran arbeiten, alle rund um den HCD zu überzeugen. Der Anfang ist schon mal viel versprechend.

Quelle: sda
veröffentlicht: 5. Oktober 2023 05:01
aktualisiert: 5. Oktober 2023 05:01