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Alles für das olympische Erlebnis der Sportler

Olympische Sommerspiele

Alles für das olympische Erlebnis der Sportler

4. Juni 2024, 04:15 Uhr
Hat gut sieben Wochen vor der Eröffnung der Olympischen Spiele von Paris gut lachen: Der Waadtländer Laurent Michaud, Chef der olympischen Dörfer, kann mit dem Stand der Vorbereitungen zufrieden sein
© KEYSTONE/PARIS2024/str
Vom Skilehrer und Ferienklub-Manager zum Chef über ein Dorf mit gut 14'500 Bewohnern: Der Waadtländer Laurent Michaud ist der Direktor der olympischen und paralympischen Villages in Frankreich.

Drei Wochen, bevor die ersten Sportlerinnen und Sportler ins olympische Dorf der Sommerspiele in Paris einziehen, sind Laurent Michauds Tage reich gefüllt. Ein Termin beim 46-jährigen Waadtländer ist nicht einfach zu bekommen. Als er dann da sitzt, wirkt er jedoch ziemlich entspannt.

Er ist mit dem Velo zehn Minuten in sein Büro im nördlichen Vorort Saint-Denis, wo auch das Stade de France steht, geradelt. Sein Job ist kein einfacher, aber für das Gelingen des grössten Sportanlasses der Welt von grösster Bedeutung. «Wenn die Athleten gut geschlafen, gut gegessen haben, optimal vorbereitet zu ihren Wettkämpfen gekommen sind und eine unvergessliche Zeit erlebt haben, dann haben wir unser Ziel erreicht.»

Vom Club Med ins olympische Dorf

Michaud hat für die Mammutaufgabe eine gute Arbeitsstelle aufgegeben. Nach einer KV-Lehre arbeitete er unter anderem als Skilehrer in Villars-sur-Ollon, wohin er später als Tourismusdirektor zurückgekehrt ist. Bei Club Med und Center Parcs machte er Karriere und bereiste die Welt. «Das Beherbergen von Gästen liegt mir im Blut», sagt Michaud.

2019 ist er Landeschef von Center Parcs in Frankreich, als sich ein Headhunter meldet. Gesucht wird ein Direktor für die olympischen Dörfer der Spiele von Paris - neben dem Village in Saint-Denis gibt es weitere in Lille (für Handball und Basketball), Marseille (für die Segler), Versailles (für die Reiter, je 250 Personen und Pferde), Châteauroux (für die Schützen) und Tahiti (für die Surfer). Michaud sagt zu und nimmt 2020 die Arbeit auf. Für die ersten acht Monate ist er alleine und arbeitet eng mit dem IOC und den Planern des Dorfes zusammen. Ein Jahr später führt er vier Mitarbeiter, 2022 steigt die Zahl von 15 auf 80, aktuell sind es 220. Während der Spiele werden es 460 Mitarbeiter sein. Inklusive Zulieferer und Hotelmitarbeiter sowie der Freiwilligen werden im olympischen Dorf rund 4000 Leute arbeiten.

Zu 80 Prozent abgeschlossen

Dass Michaud so ruhig ist, hängt auch damit zusammen, dass die Arbeiten zu 80 Prozent abgeschlossen sind, alle Betten (bis 2,40 m lang) sind installiert. Es geht jetzt noch um das Fein-Tuning, die Verschönerung der Anlage. Was es nicht hat, sind - wie meist in Paris - Klimaanlagen. Das ist bewusst so gewählt, den Organisatoren ist die Nachhaltigkeit wichtig. «Wir haben da eine grosse Verantwortung, die nehmen wir wahr», betont Michaud. So wurde auf eine sehr gute Isolation und gute Durchlüftung geachtet. Immerhin sollen die Zimmer und Wohnungen nach den Spielen der Bevölkerung zugute kommen, ein Teil wird als Sozialwohnungen zu günstigen Mieten abgegeben.

Das Dorf hat gigantische Dimensionen. Rund 80 acht- bis zwölfstöckige Gebäude wurden erstellt, aber auch bestehende Infrastrukturen wie ein Kino-Theater (wo das grosse Restaurant untergebracht wird) oder eine Kinesiotherapie-Praxis (für die olympische Klinik) genutzt. Bei der Zuteilung der Unterkünfte nützt den Schweizern der Direktor aus dem eigenen Land, der sich selber als «hundertprozentiger Schweizer durch und durch» bezeichnet, im Übrigen nichts. Michaud lacht. «Da bin ich komplett neutral. Einzig die Franzosen als Gastgeber hatten das Recht, selber auszuwählen.»

Aber natürlich spiele die politische Weltlage bei der Zuteilung der Unterkünfte eine Rolle. «Die Platzierung ist Sache von Paris 2024. Wir arbeiten Hand in Hand mit den Delegationen und beachten verschiedene Faktoren wie Grösse der Delegationen, Präferenzen und gewisse geopolitische Aspekte.» Am 12. Juli werden die Delegationsleiter der einzelnen Nationen als erste einziehen und die Unterkünfte nach ihren Vorstellungen gestalten und dekorieren können, am 18. Juli werden die ersten Athletinnen und Athleten erwartet.

Am wichtigsten ist Laurent Michaud die Sicherheit. Als grösstes Ziel erklärt der Waadtländer, dass es «keine Unfälle oder Vorfälle» gebe. Und eben, dass die Sportler ihre Zeit im Dorf geniessen können. «Viele nehmen nur einmal an Spielen teil, und alle sollen einmalige Erfahrungen machen, die sie ein Leben lang begleiten.» Umso glücklicher ist Michaud, dass es die ersten Spiele seit sechs Jahren sein werden ohne Einschränkungen durch Corona.

Weitere olympische Spiele?

Am 1. November wird er die Schlüssel des Dorfes symbolisch zurückgeben, Ende Jahr endet seine Zeit für die Spiele - dazu gehören auch die Paralympics - in Paris. Die olympische Idee fasziniert Michaud seit Kindheitstagen. Seine Zukunft sieht er auch weiter im Beherbergungsgeschäft, doch wer weiss: 2030 finden Winterspiele in Frankreich statt, 2038 vielleicht in der Schweiz. «Ui, dann wäre ich doch schon recht alt», meint der Waadtländer spontan.

Obwohl durchaus sport-affin, einen Wettkampf wird Michaud voraussichtlich nicht besuchen. «Mein Platz ist hier im Dorf», erklärt er mit einem Lächeln. Die Sportler werden es ihm danken.

Quelle: sda
veröffentlicht: 4. Juni 2024 04:15
aktualisiert: 4. Juni 2024 04:15
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