Erste Gesamtschau für Foto-Provokateur Oliviero Toscani in Zürich
Oliviero Toscani gelang die Provokation regelmässig: mal lichtete der italienische Fotograf das magersüchtige Model Isabelle Caro ab, mal porträtierte er für das Modehaus Benetton Häftlinge aus dem US-amerikanischen Todestrakt. «Die Themen sind auch heute noch so aktuell wie damals», sagte Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung Zürich, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Themen wie Rassismus, Gender oder Migration.
Das Zürcher Museum widmet dem Fotografen die erste Gesamtschau. Bislang hatte Toscani seine frühen Arbeiten unter Verschluss gehalten, so Brändle. Während der Vorbereitungen für die Ausstellung sei Toscani eines Tages zu spät gekommen: «Ich stieg in sein Archiv hinunter, und sah, was er alles gebunkert hatte», so Brändle.
Der Museumsdirektor konnte den Fotografen überzeugen. Nun hängen unter anderem Aufnahmen seiner Studienjahre in Zürich an den Wänden des Museums. Es sind Fotomontagen und fotografische Gegenüberstellungen, die laut Brändle schon auf Toscanis späteres Spiel mit der Provokation hinwiesen.
Auf Zürich folgte New York
Nach seiner Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule zog es Toscani nach New York. In der Ausstellung werden erstmals Aufnahmen gezeigt, die der Fotograf von der Clubszene im Big Apple machte. «Hier sieht man auch das Interesse an der Diversität und frei gelebter Sexualität», so Brändle. Ein Thema, das immer wieder in Toscanis Arbeit auftauche. In den USA lernte der Fotograf den Künstler Andy Warhol kennen, und er hatte Promis wie Mick Jagger vor der Linse.
Auf einem Ausschusstisch im Museum für Gestaltung liegen unzählige Fotos von Toscani auf. Alle aus dem Archiv des Fotografen. Aufnahmen, die nicht verwendet wurden. Die Besucherinnen und Besucher können die Prints durchwühlen.
Und es hängen die Aufnahmen, die der italienische Fotograf für das Modeunternehmen Benetton anfertigte. «Toscani ist der Ansicht, dass kluge Provokation die Basis für jede vertiefte Auseinandersetzung ist», sagte Brändle. Und so habe der Fotograf auch gezeigt, das Unternehmenskommunikation mehr könne als nur ein Pullover zu verkaufen - nämlich Themen in die Gesellschaft zu tragen.