Andy Murray spielt fast fünf Jahre nach dem Rücktritt immer noch
Er selber habe «sehr gut» gespielt, resümierte Andy Murray das 7:5, 6:4 gegen den Deutschen Yannick Hanfmann. Murray begeisterte in der St. Jakobshalle als erster Star der diesjährigen Swiss Indoors die Zuschauer. Längst gilt Murray auch am Rheinknie, wo er erst zum dritten Mal in seiner mehr als 20-jährigen Karriere antritt, als Publikumsliebling.
Obwohl man meinen müsste, «Jungsenior» Murray müsse in seiner Karriere schon alles gesehen haben, sprach Murray am Montagabend in Basel von einer Premiere: «Nach einer Dreiviertelstunde oder sogar 50 Minuten stand es 2:2 im ersten Satz - so etwas habe ich noch nie erlebt.»
So entwickelte sich ein typisches Murray-Spiel - mit viel Einsatz, Kampf und Engagement - genau das, was die Zuschauer sehen wollten: Mit dem Happy End für den Schotten.
Befreiungsschlag
Murrays Freude nach zweieinhalb Stunden auf dem Court war riesig. Denn zuletzt hatte er in Asien nur noch verloren. Gegen Aslan Karazew in Zhuhai und gegen Alex de Minaur in Peking verspielte Murray scheinbar sichere Siege. Von Roman Safiullin in Schanghai wurde er deklassiert.
Murray will in Basel und anschliessend in Paris-Bercy seine beste Saison seit 2016 mit positiven Ergebnissen beenden. Damals - 2016 - gewann Murray 80 von 90 Einzelpartien, triumphierte zum zweiten Mal in Wimbledon und holte zum zweiten Mal Olympia-Gold im Einzel. Ausserdem beendete er das Jahr als Nummer 1 der Welt. Schon drei Jahre vorher, nach dem ersten Triumph in Wimbledon (als erster Brite seit Fred Perry 1936), hatte ihn die vor einem Jahr verstorbene Queen Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben.
Seine Rücktritts-Idee
Im letzten halben Dutzend Jahre häuften sich für «Sir Andy Murray» die Probleme. Es begann die Leidenszeit. Die Hüfte bereitete immer mehr Probleme. Am Australian Open 2019 kündigte Murray seinen Rücktritt an - und wurde von den Emotionen übermannt.
Aber das war's noch lange nicht für Murray. Fünf Monate nach der Hüftoperation gewann er mit einem künstlichen Hüftgelenk in Antwerpen (gegen Stan Wawrinka) bereits wieder ein Turnier. Und auch wenn er seither bloss noch Challenger-Events gewann: Die Saison 2023 macht Murray Mut, dass es zu weiteren Turniersiegen reichen könnte.
Vom Rücktritt spricht er, der einst Amélie Mauresmo als Trainerin verpflichtete und damit ein Tabu im Männer-Tennis brach, längst nicht mehr. Murray hat die Lehren von 2019 gezogen. Selbst wenn er so etwas wie den Rücktritt im Kopf haben sollte, würde er es nicht mehr ankündigen. Er habe eine Idee, wann und wie er aufhören werde. «Aber ich will spielen, solange ich kann und solange ich mich gut dabei fühle.»
Und damit gar niemand auf die Idee kommt, nachzuhaken, benennt Murray auch gleich noch ein Ziel: «50 Turniersiege wären schön», sagte er am Montag. Seit dem Turniersieg in Antwerpen vor vier Jahren steht Murray bei 46.