Ein Toter bei Flugzeugabsturz in Litauen - Ursachensuche
Die Einsatzkräfte wurden um 5.31 Uhr Ortszeit alarmiert. Insgesamt befanden sich vier Personen in dem Flugzeug. Bei dem Todesopfer handelt es sich um einen Insassen mit spanischer Nationalität, wie die Polizei bestätigte. Ob es der Pilot war, ist aber noch unklar. Zu den anderen drei Besatzungsmitgliedern gehörten ein Litauer, ein Deutscher und ein weiterer Spanier. Zum gesundheitlichen Zustand der Verletzten machten die Behörden zunächst keine weiteren Angaben. Zum Alter der Insassen gebe es noch keine gesicherten Informationen, erklärte die Polizei laut litauischer Nachrichtenagentur Elta.
Die Maschine, die in Leipzig gestartet war, stürzte knapp neben einem Wohngebäude mit schlafenden Menschen ab. Diese konnten aus dem brennenden Gebäude gerettet werden. Zahlreiche Rettungskräfte waren an der Unglücksstelle im Einsatz.
Experte: Routinemässige Kommunikation
Die Auswertung der Kommunikation zwischen dem Piloten und dem Tower deutet einem Bericht des litauischen Rundfunks zufolge nicht auf einen Notfall oder andere Unregelmässigkeiten beim Landeanflug hin. In dem veröffentlichten Mitschnitt ist ein völlig ruhig und routinemässig verlaufendes Gespräch zu vernehmen, wie ein vom Rundfunk befragter litauischer Luftfahrtexperte sagte.
«Ohne auf Details einzugehen, kann man sagen, dass die Piloten keine Gefahr und keine Probleme gemeldet haben. Es war eine routinemässige Kommunikation, ein einfacher Sinkflug», sagte Vidas Kaupelis von der Universität Vilnius nach dem Anhören der Aufzeichnung.
Auch deutsche Sicherheitsbehörden ermitteln
Verteidigungsminister Kasciunas sagte, erst, nachdem die ermittelnden Beamten mit den überlebenden Besatzungsmitgliedern gesprochen und den Flugschreiber ausgewertet hätten, werde klar sein, was geschehen sei. Auch deutsche Ermittler beteiligen sich nach dem Absturz eines Frachtflugzeugs an der Suche nach der Unfallursache. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung werde die Ermittlungen vor Ort in Litauen unterstützen, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums vor Journalisten in Berlin. Ab dem Abend würden Kollegen dort im Einsatz sein.
Bei dem abgestürzten Frachtflugzeug handelte es sich um eine Maschine der spanischen Fluggesellschaft Swift Air, wie DHL mitteilte. Swift Air sei unter Vertrag für DHL tätig. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius habe die Besatzung eine Notlandung einleiten müssen. «Unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen», sagte ein DHL-Sprecher. Der Leiter des Nationalen Krisenmanagementzentrums, Vilmantas Vitkauskas stellte die Situation in einem Interview anders dar. Bei einer Notlandung sollte es eine Warnung an die Fluglotsen geben. «Ich habe so etwas nicht gehört, es sei denn, wir haben etwas Falsches gehört, aber wir waren sehr überrascht, diese Nachricht zu lesen», sagte er.
Nach Angaben der Vertriebs- und Marketingleiterin von DHL Litauen handelte es sich bei dem Flugzeug um eine Boeing 737. Transportiert habe die Maschine Pakete für Kunden, sagte sie der Nachrichtenagentur BNS. Auf Bildern von der Unfallstelle waren vereinzelt Pakete und kaputte Kartons zu sehen. Das Flugzeug sei völlig zerstört, sagte eine Sprecherin des litauischen Rettungsdienstes der Nachrichtenagentur Elta.
Präsident besucht Unglücksstelle
Unterdessen besuchte Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda die Unglücksstelle. Gemeinsam mit dem deutschen Botschafter Cornelius Zimmermann und dessen spanischer Kollegin María Nieves Blanco Díaz machte sich das Staatsoberhaupt des baltischen EU-Landes ein Bild am Absturzort in der Nähe des Flughafens Vilnius und sprach auch mit Anwohnern.
Was führte zu dem Unglück?
Polizeichef Arunas Paulauskas sagte, die Beamten hätten bereits mit einem der verletzten Besatzungsmitglieder im Krankenhaus gesprochen. Dieser habe bestätigte, dass an Bord des Flugzeugs nichts Ungewöhnliches passiert sei – es habe keinen Rauch, kein Feuer oder irgendetwas anderes gegeben. Zuvor hatte Paulauskas gesagt, die Besichtigung des Tatorts, die Beweisaufnahme und die Sammlung von Informationen und Objekten könne eine ganze Woche dauern. «Diese Antworten werden nicht so schnell kommen», sagte er auf einer Pressekonferenz. Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, schilderte Paulauskas. Der Absturz sei «höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen». Zugleich sagte er auf die Nachfrage, ob es sich auch um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte, dass ein solches Szenario nicht auszuschliessen sei. «Dies ist eine der Versionen des Absturzes, die untersucht und überprüft werden müssen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.»
Der Chef des litauischen Nachrichtendienstes, Darius Jauniskis, sagte nach Angaben litauischer Medien: «Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nach unserem Kenntnisstand wahrscheinlich zu früh, um den Vorfall mit irgendetwas in Verbindung zu bringen oder ihm irgendwelche Zuschreibungen zu geben.»
Dem Postdienstleister DHL liegen bisher nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise auf verdächtige Pakete an Bord der Maschine vor. «Zum jetzigen Zeitpunkt liegen uns keine Informationen vor, die auf etwas Ungewöhnliches oder Verdächtiges hindeuten», sagte Ausra Rutkauskiene, Vertriebs- und Marketingleiterin bei DHL Litauen.
Der Leiter des litauischen Rettungsdienstes, Renatas Pozela, sagte, dass das Frachtflugzeug wenige Kilometer vor dem Flughafen abgestürzt sei, mehrere hundert Meter weit schlitterte und seine Trümmer ein Wohnhaus erfassten. Das Haus habe zwei Etagen und vier Wohnungen. Drei Familien hätten darin gelebt. Alle zwölf Bewohner seien in Sicherheit.
Deutsche Sicherheitsbehörden warnten
Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor «unkonventionellen Brandsätzen» warnen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten seinerzeit einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche.
Die Warnmeldung wurde in Sicherheitskreisen unter anderem mit einem Vorfall im DHL-Logistikzentrum Leipzig in Verbindung gebracht, das als weltweites Drehkreuz des Unternehmens fungiert. Dort soll im Juli ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben, das einen Brandsatz enthielt.
In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.