Ein Monat nach Hamas-Angriff: Israels Truppen kämpfen «tief» in Gaza
Die Einheiten seien «derzeit in den Tiefen» der Stadt und übten «grossen Druck» auf die dort herrschende Hamas aus, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Dienstagabend. «Wir verzeichnen Erfolge, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns.»
Seit Beginn des Militäreinsatzes griffen die israelischen Streitkräfte nach eigenen Angaben 14.000 Ziele im Gazastreifen an. Unter anderem seien in dem vergangenen Monat mehr als 100 Zugänge zu Tunneln zerstört und zahlreiche Hamas-Kommandeure getötet worden, sagte Militärsprecher Hagari. Zudem hätten israelische Einheiten über 4000 Waffen zerstört. Viele seien in Moscheen, Kindergärten und Wohngebieten versteckt gewesen. «Das ist ein Beweis für den zynischen Missbrauch von Zivilisten als menschliche Schutzschilde durch die Hamas», sagte der Konteradmiral.
Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte zuvor in einer Fernsehansprache gesagt: «Die Hamas stellt fest, dass wir an Orte gelangen, von denen sie dachte, dass wir sie nie erreichen würden». Die Hamas wird von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.
Am 7. Oktober hatten Terroristen der Hamas und anderer Gruppen bei Massakern und Angriffen im israelischen Grenzgebiet mehr als 1400 Menschen getötet und zahlreiche Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Die israelischen Streitkräfte flogen daraufhin Luftangriffe und rückten mit Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist nach Angaben des Hamas-kontrollierten Gesundheitsministeriums auf mehr als 10.300 gestiegen. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Baerbock: Mehr als 200 Deutsche und Angehörige aus Gaza ausgereist
Bundesaussenministerin Annalena Baerbock bestätigte unterdessen die Ausreise von mehr als 200 Deutschen und deren Familienangehörigen aus dem Gazastreifen. «Das gibt Hoffnung inmitten der furchtbaren Lage in Gaza», schrieb die Grünen-Politikerin am Mittwoch auf der Plattform X. Die Bundesregierung arbeite «weiter, bis jeder Deutsche, der ausreisen will, dies auch kann».
Baerbock forderte erneut humanitäre Feuerpausen im Gazakrieg, um die Notlage der Zivilisten zu lindern. «Die Bilder aus Gaza lassen niemanden los», schrieb sie. «Deswegen werbe ich so sehr für humanitäre Feuerpausen.» Sie habe «unzählige Gespräche geführt und mit allen Partnern darüber gesprochen, wie wir humanitäre Feuerpausen zeitlich als auch geographisch endlich auf den Weg bringen können. Es muss jetzt konkret werden.» Die Menschen in Gaza brauchten Wasser, Brot und medizinische Versorgung. Die Schwerstverletzten müssten endlich behandelt werden.
Hunderte gedenken in Jerusalem der Opfer des Anschlags der Hamas
Vier Wochen nach dem Massaker der islamistischen Hamas in Israel gedachten in Jerusalem Hunderte Menschen der Opfer. Mit einer 30-minütigen Mahnwache erinnerten sie Medienberichten zufolge an die von Terroristen am 7. Oktober getöteten und verschleppten Menschen. Nach Angaben der Zeitung «Haaretz» errichteten Angehörige der Geiseln in der Nähe des israelischen Parlaments zudem ein Protestcamp. Sie forderten demnach den Rücktritt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. In Israel gibt es massive Kritik an dem Regierungschef, der bisher keine direkte Verantwortung für das politische und militärische Versagen am 7. Oktober übernommen hat.
Weitere Raketenangriffe aus Gaza auf Israel
Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas feuerte am Dienstagabend erneut Raketen auf das Zentrum von Israel ab. Auch im Grossraum Tel Aviv heulten mehrfach die Warnsirenen. Der militärische Arm der Hamas reklamierte die Attacken auf Telegram für sich. Verletzt wurde Sanitätern zufolge nach ersten Erkenntnissen niemand. Aus dem Gazastreifen wurden laut israelischen Angaben seit Kriegsbeginn am 7. Oktober mehr als 9000 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Für einen Grossteil übernahm die in dem Küstengebiet herrschende Hamas die Verantwortung.
IKRK: Bisherige Hilfen in Gaza sind «nur Tropfen auf heissen Stein»
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte mehr Hilfe für die Menschen im Gazastreifen. Die bisher eingetroffenen Lieferungen seien nur «ein Tropfen auf dem heissen Stein», sagte Imene Trabelsi, Regionalsprecherin des IKRK im Nahen und Mittleren Osten, der Deutschen Presse-Agentur. Die humanitäre Lage für die Bevölkerung verschlechtere sich von Tag zu Tag. Für die Hunderttausenden geflohenen Familien sei die Situation besonders schlimm, da die Notunterkünfte überfüllt seien. «Viele sind gezwungen, auf offenen Flächen auf der Strasse zu schlafen», sagte Trabelsi. Ihnen fehlten Dinge wie Decken oder Babynahrung.
Rotes Kreuz: Hilfskonvoi in Stadt Gaza beschossen
Ein Konvoi des Roten Kreuzes mit medizinischen Hilfsgütern geriet nach Angaben der Organisation in der Stadt Gaza unter Beschuss. Wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mitteilte, wurden am Dienstag zwei der fünf Lastwagen beschädigt und ein Fahrer leicht verletzt. Der Transport sei unter anderem zum Al-Quds-Krankenhaus des Palästinensischen Roten Halbmondes unterwegs gewesen. «Unter diesen Umständen können humanitäre Helfer nicht arbeiten», sagte IKRK-Vertreter William Schomburg. Er wies darauf hin, dass Konfliktparteien nach internationalem Recht verpflichtet seien, die Versorgung von Gesundheitseinrichtungen mit lebenswichtigen Gütern zu ermöglichen.
Was am Mittwoch wichtig wird
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, will in die Krisenregion im Nahen Osten reisen. Er werde sich unter anderem in Ägypten und Jordanien über die Menschenrechtssituation in der Region austauschen, teilte sein Büro mit. So werde sich der österreichische UN-Diplomat in Kairo mit dem Aussenminister Ägyptens sowie Vertretern regionaler Organisationen und dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten treffen. Am Mittwoch will Türk ausserdem den Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten besuchen.