Bürgerliche «Spar-Allianz» prägt Zürcher Budgetdebatte
SP-Kantonsrätin Hannah Pfalzgraf (Mettmenstetten) bezeichnete die bürgerliche Finanzpolitik zu Beginn der Debatte als «kurzsichtig wie ich, wenn ich am Morgen meine Brille suche». Weil die rechte Mehrheit in den vergangenen Jahren zugunsten der Reichen den Steuerfuss gesenkt habe, fehle nun das Geld für die Bevölkerung. Komme das Budget in dieser Form durch, werde die SP es ablehnen.
Auch die Grünen kritisierten die «Spar-Allianz» aus SVP/EDU, FDP, Mitte und GLP. Man habe die Steuern gesenkt und - Überraschung - nun fehle das Geld, sagte Selma L’Orange Seigo (Zürich) ironisch. Jetzt müssten Investitionen vertagt werden, so werde etwa die Strasse im Neeracher Ried noch später verlegt. Bleibt die «Spar-Allianz» bei ihren Anträgen, sagen auch die Grünen Nein zum Budget.
Ziel: Ein Plus von 186 Millionen
Nach dem ersten Tag sieht es jedoch ganz so aus, als ob die «Spar-Allianz» ihr Ziel erreichen könnte: ein Budget mit einem Plus von 186 Millionen Franken. Der Entwurf von Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) ging noch von einem Mini-Plus von 37 Millionen aus. Der Entwurf soll also um 150 Millionen Franken verbessert werden.
Gleich zu Beginn der Debatte setzte die «Spar-Allianz» ein Zeichen in der Höhe von 50 Millionen Franken und kürzte beim so genannten «Reptilienfonds». Hierbei handelt es sich um das Sammelkonto 4950, das den Titel «Verrechnete Zinsen und nicht zugeordnete Sammelpositionen» trägt.
Sparbeschlüsse bei diesem Konto sind jedoch nicht verbindlich. Finanzdirektor Stocker erhält keinen Sparauftrag - auf dem Papier sehen die Zahlen aber besser aus.
Für die linke Ratsseite ist diese Kürzung «ein Evergreen». Das sei so wirkungsvoll wie «wir wollen mehr Sport machen und freundlicher sein», also lediglich ein guter Vorsatz. Bereits in den vergangenen Jahren hatte der Kantonsrat das Budget mit diesem Trick aufpoliert.
Weniger Stellen für den Justizvollzug
In der Nachmittagssitzung brachte die bürgerliche Mehrheit durch, dass Justizvollzug und Wiedereingliederung im kommenden Jahr zwar mehr Leute anstellen kann - aber nicht so viele, wie Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) beantragte. Das Parlament kürzte das Budget um 4 Millionen Franken.
Fehr gab zu bedenken, dass der Justizvollzug nun die Personalempfehlungen des Bundesamtes für Justiz unterschreite. Spielraum, das irgendwie aufzufangen, sieht sie nicht. Der Justizvollzug müsse leisten, was ihm übertragen werde. Auf die Zahl der Häftlinge habe dieser keinen Einfluss. «Wir geben deshalb das aus, was wir brauchen, nicht, was im Budget steht.»
SVP und FDP wollten bei Kultur noch mehr sparen
Den Rotstift setzte die «Spar-Allianz» auch beim Ausbau in der Kultur an. Statt 1,8 zusätzlicher Stellen in der Fachstelle für Kultur werden es jetzt nur 0,9. Der Kantonsrat kürzte das Budget für die Neuanstellungen um 135'000 Franken.
SVP und FDP wollten eigentlich auch noch 3,45 Millionen Franken bei der Kulturförderung kürzen. Davon wären unter anderem die Gemeindebeiträge oder das Filmfestival betroffen gewesen. Dieser Antrag hatte jedoch keine Chance.
Die Debatte wird am Dienstag um 14.30 Uhr fortgesetzt und dauert bis spätabends. Ob sie dann ein Ende findet, ist offen. Falls nicht, wird am Montag, 16. Dezember, weiter diskutiert.
Der Steuerfuss ist in diesem Jahr kein Thema. Dieser wird im Kanton Zürich nur alle zwei Jahre festgesetzt. Letztmals war dies 2023 der Fall, als er um 1 Prozentpunkt auf 98 Prozent gesenkt wurde.