Vizekanzler und Bundesratssprecher Simonazzi unerwartet gestorben
Der gebürtige Walliser sei «auf einer seiner geliebten Wanderungen» verstorben, hiess es. Simonazzi suchte vom Spitzenjob in der Bundesverwaltung gerne Erholung in den Bergen. Angaben zum Ort seines Todes machte die Kanzlei nicht. Simonazzi hinterlässt eine Frau und drei erwachsene Kinder.
Wer nach dem plötzlichen Tod kurzfristig seine Amtsgeschäfte übernimmt, war zunächst unklar. Es gebe dazu noch keine Lösung, die bekanntgegeben werden könne, teilte die Bundeskanzlei der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage am Samstag mit. Kanzler Viktor Rossi prüfe die Situation, hiess es. Rossi ist seit Anfang Jahr im Amt.
Hartnäckiger Bundesratssprecher
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt war Simonazzi vor allem als Bundesratssprecher. Während der Corona-Pandemie etwa leitete er unermüdlich die zahlreichen Medienkonferenzen der Landesregierung, die von vielen Menschen jeweils live im Internet verfolgt wurden. Auch am vergangenen Mittwoch moderierte Simonazzi nach der Bundesratssitzung in Bern drei Pressekonferenzen.
Unter seiner Führung wurde die Kommunikation der Landesregierung professionalisiert und digitalisiert. Simonazzi machte die Kommunikation zudem zu einem integralen Bestandteil der Regierungstätigkeit.
Wenn er mit seinen Argumenten auf Widerstände stiess, griff der Sprecher mit äusserst gutem Gedächtnis teils zu Witz und Charme. Bekannt war er auch für seine Hartnäckigkeit. Auch unter grossem Druck liess sich von Journalistenfragen im Einzelfall nicht beirren.
Simonazzi wurde im November 2008 zum Vizekanzler und Bundesratssprecher ernannt. Seit dem 1. Januar 2009 nahm er auch an den Sitzungen der Regierung teil, führte Protokoll und nahm die Kommunikation wahr. In der Bundeskanzlei führte er mehrere Sektionen und den Präsidialdienst.
«Viel zu früh»
Der Bundesrat regierte schockiert auf den unerwarteten Todesfall. Die Nachricht habe die Mitglieder des Bundesrates und den Bundeskanzler bestürzt, hiess es in der Mitteilung. Bundesrat und Bundeskanzler sprächen der Familie und den Angehörigen Simonazzis ihr tiefstes Beileid aus.
Simonazzi sei ein Staatsdiener im besten Sinne des Wortes gewesen, würdigte die Bundeskanzlei den Vizekanzler. Der Massstab, den er an seine Arbeit und die seiner Kolleginnen und Kollegen angelegt habe, sei der gesetzliche Informationsauftrag gewesen.
Auch Schweizer Bundespolitiker reagierten auf die Todesnachricht. «Fassungslos, bestürzt und viel zu früh müssen wir uns von André Simonazzi verabschieden», schrieb Samira Marti, Co-Präsidentin der SP-Bundeshausfraktion und Nationalrätin (BL) auf der Plattform X. «Wir verlieren einen wunderbaren Menschen, der sich aus Überzeugung und mit viel Charme für unsere Institutionen engagiert hat.» Simonazzi war SP-Mitglied.
Simonazzi sei «eine aussergewöhnliche Persönlichkeit» und «der Stolz unserer Region» gewesen, schrieb der Walliser FDP-Vizepräsident und Nationalrat Philippe Nantermod. Beileidsbekundungen kamen auch etwa vom Berner Nationalrat und Grünliberalen-Präsidenten Jürg Grossen.
Journalist und bei der Caritas
Der aus Monthey stammende Simonazzi schloss an der Universität Genf ein Studium der internationalen Beziehungen mit dem Lizentiat ab. Danach liess er sich bei der Zeitung «Nouvelliste» zum Journalisten ausbilden. Von 1995 bis 1998 wirkte er bei der Caritas Schweiz als Pressesprecher für die Romandie. 1998 übernahm er die Gesamtabteilung für Information.
Danach stiess er 2004 zum Informationsdienst des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Zunächst war er stellvertretender Informationschef und Pressesprecher für die französischsprachige Schweiz. 2005 wurde Simonazzi Informationschef im Departement des damaligen SP-Bundesrats Moritz Leuenberger, bevor er Vizekanzler wurde.
Im vergangenen Herbst wurde Simonazzi als möglicher Nachfolger des zurückgetretenen Bundeskanzlers Walter Thurnheer gehandelt. Simonazzi sagte allerdings ab für eine Kandidatur. Seine Chancen für eine Wahl zum Bundeskanzler seien bei einer Zweiervertretung der SP im Bundesrat gering, sagte er. Deshalb wolle er nicht unnötigerweise in einen Kampf steigen. Die Bundeskanzlerwahl sei halt auch eine politische Wahl.